Qualitative Analyse von Innovationsnetzwerken als Treiber eines nachhaltigen Strukturwandels im Rheinischen Revier

Aufgrund des sich abzeichnenden Endes der Braunkohleverstromung im Rheinischen Braunkohlerevier steht der Region ein Strukturwandel bevor. Die Gestaltung des Strukturwandels muss dabei technische, wirtschaftliche, juristische, soziale und ethische Aspekte beachten. Die interdisziplinäre Doctoral School Closed Cabon Cycle Economy (DS CCCE) soll diesen Strukturwandel wissenschaftlich begleiten und Impulse zu seiner nachhaltigen Ausrichtung zu geben. Gerade ihre Interdisziplinarität birgt die Möglichkeit den Strukturwandel in den genannten Aspekten nachhaltig zu gestalten und somit einen andauernden Strukturwandel zu vermeiden, wie er in anderen Regionen besteht. Im Rahmen der Promotionsprojekte der DS CCCE wird der Lehrstuhl für Makroökonomik der Ruhr-Universität Bochum die nötigen ökonomischen Maßnahmen für einen gelungenen Strukturwandel untersuchen.

Ziel des vorliegenden Forschungsprojekts ist es, eine zukunftsfähige und somit in vielerlei Aspekten nachhaltige Strategie für den Strukturwandel des Rheinischen Reviers zu finden. Um ein angemessenes Konzept für die Region zu erarbeiten, müssen die Interessen und Kenntnisse der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger als Experten der heimischen Wirtschaft beachtet werden. Die Strategie soll in diesem Forschungsprojekt erarbeitet werden. Das Projekt gliedert sich in drei Phasen, eine Vorbereitungsphase, eine Konzeptualisierungsphase und eine (Vor-)Evaluationsphase.

In der Vorbereitungsphase wird sich der/die PromovendIn mit institutionellen Vertretern der regionalen Wirtschaft, vor allem der IHK Mittlerer Niederrhein, der IHK Köln, der IHK Aachen und der Wirtschaftsförderung Rhein-Erft GmbH (WFG) treffen, um mögliche Zukunftsindustrien der Region zu identifizieren. Mit den genannten IHK und der WFG gab es während der Vorbereitung zur Summer School bereits regen Austausch und den Wunsch zu kooperieren. Während der Workshops zur Vorbereitung der DS CCCE wurde vor allem auf die Bedeutung der chemischen Industrie hingewiesen. Die Industrie rund um die Herstellung und Nutzung huminsäurebasierter Produkte könnte ein mögliches zukunftsfähiges Innovationscluster darstellen. Die Produkte werden aus Braunkohle gewonnen und in der Landwirtschaft verwendet. Eine weitere Zukunftsindustrie könnte die Produktion wasserstoffbetriebener Busse sein, die die Automobilindustrie mit der chemischen Industrie verbindet. Mit HyCologne besteht bereits ein regionsübergreifendes Projekt mit Sitz im Rhein-Erft-Kreis. Weitere Anhaltspunkte geben Studien der Zukunftsagentur Rheinisches Revier. Die Suche nach geeigneten Zukunftsindustrien soll vor allem Industriecluster identifizieren. Das bedeutet, dass die wichtigen Unternehmen und beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen (z.B. Forschungsinstitute) einer Wertschöpfungskette herauskristallisiert werden.

Im zweiten Schritt, der Konzeptualisierungsphase, ist ein Austausch mit den Vertretern des identifizierten Industrieclusters geplant. Im Rahmen eines Workshops soll eine Strategie für die (Neu-)Gestaltung der regionalen Wirtschaft entwickelt werden. Das geeignete Werkzeug hierfür ist eine Technologie-Roadmap. Eine Technologie-Roadmap ist die Beschreibung einer Technologie im Zeitverlauf, inklusive ihrer Marktchancen. Das heißt, es geht um die Entwicklungsschritte von der Technologieentwicklung bis zu ihrer Weiterentwicklung und Vermarktung. Die Technologie-Roadmap beinhaltet auch die involvierten Planungsebenen, wie die politische (staatliche) und die industrielle (branchenübergreifende) Ebene usw. Da die Akteure dieser (Zukunfts-)Industrie eher in einer Wertschöpfungskette als in einer (einzelnen) Branche angeordnet sind, muss die Technologie-Roadmap vor allem auf branchenübergreifende Zusammenarbeit, die Industry Collaborative-Ebene, abzielen. Die Technologie-Roadmap für das Rheinische Revier wird ein Plan für die kurze Frist (0-3 Jahre), die mittlere Frist (4-10 Jahre) und die lange Frist (>10 Jahre) entwerfen.

Parallel zu Erarbeitung der Technologie-Roadmap kommen moderne computergestützte Forschungsmethoden zum Einsatz. Geplant ist, dass beide Promovierende des Lehrstuhls für Makroökonomik (siehe Promotionsthema: „Innovationsnetzwerke und Wissensdiffusion im Rheinischen Revier - ein agentenbasierter Ansatz“) in der DS CCCE gemeinsam ein agentenbasiertes Netzwerkmodell des Innovationssystems Rheinisches Revier entwerfen. Dieses Modell wird parallel zur Vorbereitungs- und Konzeptualisierungsphase bearbeitet. Es wird vor allem in der dritten Phase, der Evaluationsphase, genutzt. Mithilfe von Modellsimulationen sollen Aussagen getroffen werden, welche Auswirkungen äußere Einflüsse (z.B. politische Entscheidungen) oder endogene Entwicklungen (z.B. Wegfall eines Akteurs) auf das Innovationssystem Rheinisches Revier und damit auf die regionale Wirtschaftsleistung haben. Das Modell wird die Inhalte beider Promotionsarbeiten des Lehrstuhls verbinden. Zum einen können die Kenntnisse aus der Technologie-Roadmap genutzt werden, um das Innovationsnetzwerk Rheinisches Revier abzubilden. Zum anderen erleichtern die Kenntnisse aus den Fallstudien (siehe Promotionsthema: Innovationsnetzwerke und Wissensdiffusion im Rheinischen Revier - ein agentenbasierter Ansatz) die Modellierung der Rahmenbedingungen und die Auswahl zu simulierender Szenarien. Das Modell wird auf den Arbeiten von Pyka, Müller und Kudic (2018) aufbauen, die das regionale Innovationssystem von Heilbronn-Franken modelliert und den Einfluss verschiedener Politiken untersucht haben. Vonseiten Muhamed Kudics wurde uns Unterstützung bei der Umsetzung des agentenbasierten Netzwerkmodells angeboten. Daher werden die Promovierenden sich regelmäßig mit Herrn Kudic von der Universität Bremen austauschen. Neben der wissenschaftlichen soll die praktische Kooperation bei der Umsetzung des Modells nicht zu kurz kommen. Daher wird der oben erwähnte Workshop mit den Unternehmen, IHK, WfG und Forschungseinrichtungen jedes Jahr wiederholt. Wie beschrieben, dient der erste Workshop (geplant im Jahr 2019) dem Entwurf einer Technologie-Roadmap. Der zweite Workshop (geplant im Jahr 2020) wird die vorläufigen Ergebnisse der Forschung präsentieren und die Roadmap überarbeiten. Weiterhin können die Expertenaussagen zur Kalibrierung der Modellparameter und zur Validierung des Modells genutzt werden. Der dritte (Abschluss-) Workshop (geplant im Jahr 2021) dient zur Vorstellung der Forschungsergebnisse.


Doktorandin



Erstbetreuung