Flexibilisierung der Stromproduktion durch variable Biogasproduktion

Das Rheinische Revier ist mit einer Vielzahl an Kohlekraftwerken ein Energiestandort, an dem sich eine Reihe energieintensiver Industrieunternehmen angesiedelt hat. Durch den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung, wird der Ausbau erneuerbarer Energien eine große Rolle spielen, um diese Unternehmen und somit die Wirtschaftskraft der Region zu halten. Ein großer Teil des erneuerbaren Stroms wird mithilfe von Windkraft- und Photovoltaikanlagen produziert, was aufgrund der Verfügbarkeit der Energieträger zu Schwankungen in der Stromproduktion führt und eine Herausforderung für die Netzbetreiber darstellt. Neben dem Einsatz von Energiespeichern, bietet der flexible Betrieb von Biogasanlagen eine weitere Möglichkeit, um Schwankungen bei der Stromproduktion auszugleichen.

Der bedarfsgerechte Betrieb von Biogasanlagen zum Ausgleich von Schwankungen im Stromnetz wird bereits heute praktiziert. Hierzu werden beispielsweise eine Gasaufbereitung als alternativer Verwertungspfad oder zusätzliche Gasspeicher errichtet. Zusätzliche Gasspeicherung und Gasaufbereitung machen einen Ausbau der Anlage beziehungsweise einen Zubau von Anlagenkomponenten nötig, was zu einer Erhöhung der Investitionskosten führt. Verfahren zur Gasspeicherung ermöglichen mit realistischem Aufwand für den Bau von Speichern nur den Ausgleich kurzfristiger Schwankungen im Stromangebot, können dafür aber den Bereich der Minuten- oder gar Sekundenreserve adressieren. In diesem Projekt soll die mittelfristige Flexibilisierung des Biogasprozesses durch Eingriff in den eigentlichen Biogasbildungsprozess untersucht werden. Dazu gehören eine Anpassung der Faulraumbelastung, der Einsatz von schnell abbaubaren Substraten und der Einsatz von Enzymen.


Aufgabe

Auf Basis von Tages- und Wochengangkurven des Strombedarfs sowie zur Stromproduktion von Photovoltaik- und Windkraftanlagen über den Jahresverlauf sollen die Zeiträume ermittelt werden, in denen Biogasanlagen für den Ausgleich von Engpässen in der Stromversorgung genutzt werden können. Unter Berücksichtigung anderer Optionen für die kurzfristige Speicherung von Strom und / oder Biogas müssen die Gradienten ermittelt werden, mit denen Biogasanlagen in der Lage sein müssten, dem schwankenden Strombedarf zu folgen. Zur Realisierung entsprechender Gradienten sollen auf Basis einer Literaturstudie Biomassen ermittelt werden, die sich durch eine schnelle Abbaugeschwindigkeit auszeichnen und sich für die Kultivierung im Rheinischen Revier eignen. Zudem sollen mögliche Enzyme ermittelt werden, die sich für den Einsatz in Biogasanlagen eignen und den Abbau von Biomasse beschleunigen.

In ersten Experimenten werden Batchversuche durchgeführt, in denen neben dem Biogasbildungspotenzial und dem organischen Abbaugrad die Abbaugeschwindigkeit beim Einsatz der ausgewählten Substrate und Enzyme festgestellt werden soll. Zusätzlich sind externe Analysen notwendig, um für den Abbauprozess wichtige Parameter zu bestimmen, wie die organische Zusammensetzung und das Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff im Substrat. Mithilfe der Batchversuche und Analysen werden die vielversprechendsten Substrate und Enzyme für Langzeituntersuchungen mit kontinuierlichen Versuchsanlagen ausgewählt.

Die Langzeituntersuchungen werden in mehrere Versuchsphasen unterteilt, in denen die unterschiedlichen Möglichkeiten für einen flexiblen Betrieb untersucht werden. Neben der diskontinuierlichen Zugabe schnell abbaubarer Substrate bzw. der Zugabe von Enzymen soll die Variation der Faulraumbelastung zur kurzfristigen Steigerung des produzierten Biogasvolumens untersucht werden. Zusätzlich zur Steigerung des Methanvolumens und der Reaktionszeit des Prozesses, soll dabei vor allem die Prozessstabilität überwacht werden. Die Versuche sollen mit verschieden großer Steigerungsrate durchgeführt und ausreichend oft wiederholt werden, um die Reproduzierbarkeit und Dauerbelastbarkeit des Prozesses zu überprüfen. Für die Versuche ist eine kontinuierliche Beschickung mit einer Referenzbiomasse notwendig, was einen Umbau der bestehenden Versuchsanlagen von derzeit täglicher Beschickung auf eine quasikontinuierliche Beschickung notwendig macht. Zusätzlich sind externe Analysen zur Bestimmung der Konzentration an Spurenelementen und Ammonium im Fermenter durchzuführen, um Nährstoffversorgung und Hemmwirkungen zu beurteilen.

Die während der Experimente erlangten Daten sollen abschließend als Grundlage für eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verwendet werden und mit existierenden Konzepten zur flexiblen Stromproduktion verglichen werden.